Wem gehört das Auto eigentlich? Warum es sich lohnt, die Angst vor Bürokratie abzubauen, Dokumente zu lieben und gut aufzubewahren? Dokumente gelten als Beweise, fehlen diese, kann es schmerzhafte Folgen nach sich ziehen.
Die Berliner Zeitung berichtet am 05.06.2024 über eine klare Ungerechtigkeit. Recht haben und Recht bekommen sind oft zwei verschiedene Dinge. Diese Erfahrung musste Katrin Michalke aus Wustermark machen, als sie nach einem unverschuldeten Unfall auf ihrem Schaden sitzen blieb. Der Grund: Über zehn Jahre alte Kontoauszüge fehlten als Beweis. Ein Fall, der deutlich macht, wie wichtig Dokumentation und Bürokratie in juristischen Auseinandersetzungen sind.
Der schuldlose Unfall mit Sachschaden
Am 29. Oktober 2021 fuhr Katrin Michalke gemeinsam mit ihrem Freund von der Heerstraße in den Kreisverkehr am Theodor-Heuss-Platz in Charlottenburg ein. Plötzlich wurde ihr Auto von einem Lkw am Heck getroffen und in einen Transporter geschoben. Die Schuldfrage schien für die Polizei eindeutig: Der Lkw-Fahrer war verantwortlich. Der Schaden belief sich auf 11.000 Euro. Die Versicherung des Lkw wollte nicht zahlen.
Autofinanzierung
Das Fahrzeug war von Frau Michalke finanziert worden. Für den Kaufpreis wurde somit ein Kredit aufgenommen. Wie allgemein bekannt ist, wünschen Banken bei der Kreditvergabe Sicherheiten. Bei der Finanzierung eines Kfz stellt sich diese häufig in Gestalt der sogenannten Sicherungsübereignung dar. Der Käufer, dem das Auto durch den Händler übereignet worden ist, übereignet dieses zu Sicherheit gemäß § 930 BGB an die Bank. Das Auto gehört nun der Bank. Der Käufer ist jedoch zur Benutzung des Autos berechtigt. Dies und die Fragen rund um die Rückübereignung bei Kreditablösung werden in einer Sicherungsabrede geregelt. Kommt es jetzt zu einem Schaden an einem solchen Fahrzeug, können sich Probleme ergeben.
Der Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin
Zurück zu Frau Michalke: Vor dem Berliner Landgericht sollte vergangene Woche die Beweisaufnahme stattfinden. Doch zu Michalkes Erstaunen und Frust entschied das Gericht, dass der Unfallfahrer nicht zahlen müsse. Der Grund: Das Fahrzeug stand aufgrund von einer Sicherungsübereignung im Eigentum der Bank. Die gegnerische Versicherung muss den Schaden jedoch nur gegenüber dem Eigentümer des Fahrzeugs ersetzen. Dies ist logisch, weil andere Personen ja gar keinen Schaden haben. Die gegnerische Versicherung hatte außergerichtlich mit diesem Argument die Regulierung verweigert.
Frau Michalke konnte keine Kontoauszüge vorlegen, die belegen, dass sie den Kaufpreis des Fahrzeugs teilweise über die Toyota-Bank finanziert hatte. Diese Kontoauszüge waren älter als zehn Jahre und daher aus Datenschutzgründen von der Bank gelöscht worden. Aus juristischer Sicht ist somit zu vermuten, dass die Versicherung gezweifelt hatte, wer denn überhaupt Eigentümer des Autos ist.
Wenn das Auto noch der Bank gehört, muss die Versicherung nicht zahlen, wenn der Kreditkunde klagt und hat die Zahlung zu Recht verweigert. Die gegnerische Versicherung lacht sich ins Fäustchen, weil diese nun gar nicht zahlen muss. Die Bank hat keinen Schaden und klagt nicht. Es gilt aber die Beweislast: Die Geschädigte muss beweisen, Eigentümer zu sein. Aufgrund fehlender Unterlagen konnte dieser Beweis nicht erbracht werden. Das ist im Einzelfall extrem ärgerlich, weil dieser Beweis mit den Zahlungsbelegen und der Sicherungsabrede normalerweise leicht hätte erbracht werden können.
Das Problem der Aktivlegitimierung
Der ADAC erläuterte der Zeitung, dass es bei der Aktivlegitimierung – der Kläger muss der Anspruchsinhaber oder anderweitig ermächtigt sein – um den Nachweis des Fahrzeugeigentums geht. Versicherungen nutzen dieses Mittel häufig, um zu prüfen, ob der Kläger tatsächlich der rechtmäßige Eigentümer des Fahrzeugs ist. Ohne diesen Nachweis besteht kein Anspruch auf Schadenersatz.
Folgen für Betroffene
Dieser Fall zeigt, wie schnell man in bürokratische Fallen tappen kann. Katrin Michalke bleibt jedoch auf ihrem Schaden sitzen, obwohl sie eindeutig unverschuldet in den Unfall verwickelt war. Sie warnt andere Autobesitzer davor, dass ihnen Ähnliches passieren könnte, und appelliert an die Menschen, wichtige Dokumente sorgfältig aufzubewahren.
Keine Angst vor Bürokratie: lieber Dokumente lieben lernen, aufbewahren und gut abheften!
Die Geschichte von Katrin Michalke ist ein Weckruf für alle Fahrzeughalter. Es ist essenziell, alle relevanten Dokumente, insbesondere Kontoauszüge, sorgfältig und über einen langen Zeitraum hinweg aufzubewahren. Denn wie dieser Fall zeigt, können fehlende Unterlagen gravierende finanzielle Folgen haben.
Autor: Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt
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