Betrugssystem bei Bankkonten - Dr. Schulte

Konto von Piraten gekapert? – oder Haftung des Finanzagenten

Litauen, Spanien, Türkei, das sind nicht nur schöne Urlaubsländer, sondern auch Gegenden, in den sich gut deutsch sprechende Betrüger wohlfühlen. Diese stehlen Identitäten, lügen und betrügen deutsche Opfer am Handy. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen werden nichts ahnende Opfer von Flensburg bis Garmisch und von Aachen bis Zittau dazu gebracht, Geld auf fremde Konten zu überweisen. Diese Betrugsmaschen basieren oft auf Versprechungen rund um lukrative Geldanlagen mit angeblich hohen Renditen. Die arglosen Opfer melden sich meist selbst bei den Tätern, indem sie auf gezielt im Internet geschaltete Werbeanzeigen reagieren. Diese Geschäfte laufen über sogenannte „Finanzagenten“, wodurch die Täter erhebliche Summen erbeuten.

Ein ausgeklügeltes Betrugssystem: Vom rekrutierten Finanzagenten zum Betrugsopfer

Finanzagenten sind Personen, die ihr Konto zur Verfügung stellen, um Zahlungen zu empfangen und weiterzuleiten. Oftmals werden diese Personen selbst durch Täuschung zu dieser Tätigkeit veranlasst und somit zu Opfern eines Betruges. Häufig werden Rückzahlungen in Bezug auf vergangene Geldverluste in Aussicht gestellt oder hanebüchene Geschichten erzählt, warum die Weiterleitung von Geldern nötig sei. Daneben werden Finanzagenten auch gezielt im Internet geworben. Auf einschlägigen Portalen finden sich Anzeigen wie: „Mit wenig Arbeit Geld verdienen.“ Versprochen wird eine einfache Tätigkeit, bei der lediglich das eigene Konto für eingehende Zahlungen zur Verfügung gestellt und diese weitergeleitet werden müssen. Hierfür wird eine Provision vom Überweisungsbetrag in Aussicht gestellt. Das passiert häufiger, als man denkt. 

Haftung des Finanzagenten: Ein weiterer Schock für die Opfer

Wie können diese Finanzagenten gegebenenfalls in Haftung genommen werden? Die Finanzagenten sind schadensersatzpflichtig, wenn sie wissentlich und willentlich an den  teilgenommen haben. Es droht eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit einem Schutzgesetz beziehungsweise aus dem Strafgesetzbuch (§§ 263, 26, 27 StGB). Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, kann eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 6 StGB vorliegen. 

Der Fall vor dem Amtsgericht Oldenburg: Ein Berliner Bäcker und ein Finanzagent im Kreuzfeuer

Ein aktueller Fall vor dem Amtsgericht in der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen zeigt die brutalen Folgen solcher Betrugssysteme auf. Ein Berliner Bäcker geriet in Kontakt mit einem Betrüger, der ihm vorgaukelte, durch Investitionen in Kryptowährungen schöne Gewinne erzielen zu können. Der Betrüger brachte den Bäcker dazu, eine größere Geldsumme auf das Konto eines vermeintlichen Finanzagenten zu überweisen. Dieser Finanzagent war jedoch selbst ein Betrugsopfer. Es stellte sich heraus, dass die wirklichen Betrüger die Identität des vermeintlichen Finanzagenten gestohlen hatten.

Gerichtlich verklagte der Bäcker den vermeintlichen Finanzagenten auf Schadensersatz. Im Verlauf der Verhandlung stellte sich heraus, dass der angebliche Empfänger der Zahlung schon schwer belastet und krank geworden war, weil er mehrfach wegen Schadensersatzprozessen vor Gericht stand. Das Geld war nur kurz auf seinem Konto gewesen und wurde dann sofort wieder abgebucht. Der Finanzagent war also selbst Opfer der kriminellen Machenschaften geworden.

Die Rolle der Finanzagenten im Betrugssystem

Finanzagenten – so wie der Oldenburger – sind ein notwendiger Teil des Betrugssystems, da Banken die Adressdaten und korrekten persönlichen Daten ihrer Kunden erfassen müssen. Um die Zahlungsströme zu verschleiern, nutzen kriminelle Banden diese Finanzagenten. Im vorliegenden Fall bemühte sich der Richter sehr, den Fall gerecht aufzuklären und zu entscheiden. Letztlich kam er jedoch zu dem Schluss, dass beide Parteien Opfer des Betrugssystems waren und wies den Schadensersatzanspruch des Bäckers ab. 

Das Urteil: Beide sind Opfer

Nur durch die Strafanzeige konnte überhaupt herausgefunden werden, wer der Finanzagent war. Der Richter wertete die entsprechenden Akten und Erkenntnisse aus und entschied, dass sowohl der Bäcker als auch der Finanzagent Opfer des Betrugssystems waren. Der Schadensersatzprozess wurde in diesem Fall abgewiesen. In anderen Fällen haften allerdings die Finanzagenten, die ja nachweisen müssen, die Gelder nicht dauerhaft erhalten zu haben. Diese Betrugsmasche kann jeden treffen, gerade diejenigen, die auf Jobbörsen leichte und wunderschön bezahlte Nebentätigkeiten suchen. Dann wird erklärt, dass man als „Finanzagent“ fungieren soll, um Zahlungen für internationale Geschäftstransaktionen zu erleichtern. Versichert wird, dass alles legal ist, aber im Grunde werden Verzweiflung und Naivität der Opfer ausgenutzt, indem glaubhafte Geschichten erzählt werden. Eines Tages wird der Betrug aufgedeckt; nach einigen Wochen erhalten die sogenannten Finanzagenten plötzlich Post von ihrer Bank, beispielsweise weil das Konto eingefroren wurde. Zudem gibt es Ermittlungen wegen Geldwäsche. Die überwiesenen Gelder stammen aus kriminellen Aktivitäten, wie Phishing-Betrug oder anderen illegalen Transaktionen. Darauf folgen Ermittlungen von der Polizei und Staatsanwaltschaft häufig auch einen negativen Schufaeintrag und dann vielleicht noch Schadenersatzprozesse von Opfern. 

Aufpassen aufs Konto und die persönlichen Daten ist angezeigt

Hier kommt jeder schlecht weg: die Banken, weil die Systeme unsicher sind, der Staat und die Banken, weil die Renditen der gesetzlichen Rente oder von Geldanlagen die Menschen in die Hände von Betrügern treiben. Täter, weil diese mit viel Fleiß und Cleverness ihre Leben für das Negative verschwenden und natürlich die Opfer und Finanzagenten, denen zumindest ein Vorwurf zu machen ist: Sie hätten aufmerksamer aufpassen sollen. Was die Aufklärung der Straftaten angeht, gibt es durchaus Unterschiede, manche Staatsanwaltschaften drehen weltweit jeden Stein um und laufen jedem noch so kleinen Hinweis nach, andere sind da eher “gemütlicher” und nicht so aktiv. Eine Strafanzeige ist aber in jedem Fall angezeigt, weil nur so versucht werden kann, diese kriminellen Macher irgendwann zu stoppen und zu überführen. 

Wer glaubt, es gäbe einfache Möglichkeiten, um schnell Geld zu verdienen, sollte besonders aufmerksam sein. Denn in Wirklichkeit gibt es keine einfachen Geldgeschenke. Tatsächlich wird die Leichtgläubigkeit und Verzweiflung zur Bereicherung eines komplexen Betrugssystems genutzt. Diese Beispiele zeigen, wie leicht es gelingt, durch verlockende Angebote und geschickte Täuschung in kriminelle Machenschaften verwickelt werden zu können.

Über den Autor:

Valentin Markus Schulte ist Student der Rechtswissenschaften und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte in Berlin. Des Weiteren studierte Valentin Schulte neben seinem Studium der Rechtswissenschaften Volkswirtschaftslehre / Economics und erlangte hier bereits einen Masterabschluss.

Kontakt:

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
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E-Mail: valentin.schulte@dr-schulte.de

Die Kanzlei Dr. Schulte Rechtsanwalt ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergänzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de.

Pressekontakt:

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