Am 6. Juni 2024 fällte das Landgericht Nürnberg-Fürth (7 O 6302/22) ein wegweisendes Urteil im Fall der ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH, das weitreichende Konsequenzen für das Geschäftsmodell des Unternehmens hat (nicht rechtskräftig). Das Urteil beleuchtet die betrügerischen Praktiken, in die ALGEBO involviert war, insbesondere im Zusammenhang mit der AO Konstanta Investment Group, einer Investmentgesellschaft mit Sitz in Moskau, und dem Geschäftsführer Herr S. Günter. Dieser Fall ist ein weiteres Mosaikstück zu den undurchsichtigen Machenschaften von ALGEBO, die durch eine Kombination aus legalen Grauzonen und offensichtlichem Betrug operierten.
Hintergrund des Falls
Die ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH präsentierte sich jahrelang als ein respektables Unternehmen, das seinen Kunden durch strategische Beratung und Vermittlung von Investoren hohe Renditen versprach. Das Unternehmen trat dabei hauptsächlich als Vermittler zwischen deutschen Unternehmen und “internationalen Investoren” auf, wobei es sich oft auf “Investitionen in Millionenhöhe” spezialisierte.
Im konkreten Fall, der vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelt wurde, war die ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH in eine Reihe von Transaktionen verwickelt, die durch eine vorher vereinbarte „basic-fee“ von den Kunden finanziert wurden. Diese Gebühr wurde unabhängig vom Erfolg der Vermittlung erhoben und betrug oftmals mehrere zehntausend Euro (im zugrunde liegenden Fall 50.000 Euro). Kunden, die diese Gebühr entrichteten, erwarteten im Gegenzug die Vermittlung von Investoren, die bereit waren, große Summen in ihre Projekte zu investieren. Einer dieser Kunden war ein Unternehmen, das durch einen Vertrag mit ALGEBO an die AO Konstanta Investment Group aus Moskau vermittelt werden sollte.
Das Geschäftsmodell von ALGEBO
Das Geschäftsmodell der ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH basierte hauptsächlich auf der Erhebung einer im Voraus zu zahlenden „basic-fee“, die angeblich zur Deckung der Kosten für die Investorensuche diente. Laut den vertraglichen Vereinbarungen sollte diese Gebühr vollständig auf die Provision angerechnet werden, falls eine erfolgreiche Vermittlung zustande käme. Jedoch enthielten diese Verträge auch Klauseln, die es ALGEBO ermöglichten, diese Gebühr in jedem Fall einzubehalten, selbst wenn keine Investition vermittelt wurde. Diese Vorgehensweise wurde vom Landgericht Nürnberg-Fürth als rechtswidrig bewertet, da sie den Kunden unangemessen benachteiligte und gegen § 307 II Nr. 1 BGB verstieß.
Besonders brisant wurde es, als ALGEBO die Vermittlung eines Kreditvertrags versprochen hatte, der jedoch nie zustande kam. Stattdessen wurde dem Kunden eine stille Beteiligung an der AO Konstanta Investment Group angeboten, was nicht Teil der ursprünglichen Vereinbarung war. Diese Abweichung führte letztlich zu der Klage, die vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelt wurde.
Im Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde die ALGEBO aufgefordert, überhaupt eine erfolgreiche Vermittlung nachzuweisen. Schon dies war unmöglich. Demzufolge muss vermutet werden, dass es eine solche Vermittlung bisher nicht gab, und das gesamte Geschäftsmodell nur auf den Vorschusszahlung basierte.
Die Rolle der AO Konstanta Investment Group
Die AO Konstanta Investment Group, eine – angeblich – in Moskau ansässige Investmentgesellschaft, spielte eine zentrale Rolle in den betrügerischen Machenschaften von ALGEBO. Diese Gesellschaft wurde angeblich als der Hauptinvestor präsentiert, die bereit sei, erhebliche Beträge in die Projekte der Kunden von ALGEBO zu investieren. Jedoch kamen diese Investitionen nie zustande, und die Versprechungen erwiesen sich als leere Versprechen.
Unter der Leitung der Geschäftsführung wurden zahlreiche Kunden durch irreführende Versprechungen und undurchsichtige Vertragsklauseln getäuscht. Besonders auffällig war die systematische Verwendung der „basic-fee“, die trotz mangelnder Vermittlungserfolge nie zurückerstattet wurde.
Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth
Das Urteil vom 6. Juni 2024 verurteilte die ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH zur Rückzahlung sämtlicher von dem Kunden gezahlten „basic-fees“ zu. Das Gericht stellte fest, dass die Vorgehensweise von ALGEBO gegen grundlegende Prinzipien des Vertragsrechts verstieß und die Kunden durch die unzulässigen Vertragsklauseln systematisch benachteiligt wurden.
In seiner Urteilsbegründung hob das Landgericht hervor, dass die Klausel zur „basic-fee“ eine unangemessene Benachteiligung der Kunden darstellte, da sie diesen jegliche Möglichkeit nahm, ihre Zahlungen zurückzufordern, selbst wenn die vereinbarte Vermittlungsleistung nicht erbracht wurde. Das Gericht berief sich dabei auf § 652 BGB, wonach Maklerverträge grundsätzlich erfolgsabhängig sind und eine erfolgsunabhängige Vergütung nur in engen Grenzen zulässig ist.
Weiterhin erkannte das Gericht, dass ALGEBO und die AO Konstanta Investment Group die Kunden bewusst in die Irre geführt hatten, indem sie eine Investition versprachen, die von Anfang an nicht realisierbar war. Diese Täuschung wurde als absichtliches Handeln bewertet, was zu einer verschärften Haftung führte. Eine persönliche Haftung des verantwortlichen Geschäftsführers war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Rechtliche Ausführungen und Konsequenzen
Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth setzte einen wichtigen Präzedenzfall, indem es die Grenzen für die Verwendung von Vertragsklauseln in Maklerverträgen klar definierte. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf einer strengen Auslegung des § 307 BGB, der Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verbietet, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. In diesem Fall wurde die Klausel zur „basic-fee“ als intransparent und einseitig zugunsten von ALGEBO gestaltet bewertet, was zu ihrer Unwirksamkeit führte.
Zudem wurde das Geschäftsgebaren von ALGEBO in Verbindung mit der AO Konstanta Investment Group als betrügerisch eingestuft. Das Gericht stellte klar, dass solche Geschäftsmodelle, die auf der systematischen Täuschung von Kunden basieren, in der deutschen Rechtsordnung keinen Platz haben und mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden müssen.
Die rechtlichen Ausführungen des Gerichts betonen die Bedeutung der Transparenz und Fairness in Vertragsverhältnissen. Kunden müssen in der Lage sein, auf die Rechtmäßigkeit der Vertragsbedingungen zu vertrauen und dürfen nicht durch komplizierte Klauseln in eine Position gebracht werden, in der sie keinerlei Schutz genießen. Dieses Urteil stärkt somit die Rechte der betroffenen Unternehmer und setzt ein starkes Zeichen gegen betrügerische Praktiken im Bereich der Wirtschaftsberatung und Investitionsvermittlung.
Auswirkungen auf ALGEBO und die Branche
Das Urteil gegen die ALGEBO Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH dürfte erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen und die gesamte Branche der Wirtschaftsberatung haben. Es wird erwartet, dass weitere betroffene Kunden nun ebenfalls rechtliche Schritte gegen ALGEBO einleiten werden, was das Unternehmen in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte. Überdies wird das Urteil als Warnung an andere Unternehmen in der Branche dienen, ihre Vertragsklauseln und Geschäftsmodelle zu überdenken, um ähnliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Autor: Dr. Rainer Schreiber, Dozent, Erwachsenenbildung & Personalberater
Über den Autor:
Personalberater und Honorardozent Dr. Rainer Schreiber, mit Studium der Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Finanzierung, Controlling, Personal- und Ausbildungswesen.