ABOWI Law - Haftung der Banken oder Enkeltrickbetrüger

Hilfe, Enkeltrickbetrug und die Haftung der Banken?

Kein Schadensersatzanspruch? Internationale Zusammenarbeit gegen den Enkeltrickbetrug und die Revolution durch die KI-Oma als Schlüssel zur Zukunft der Prävention?

Der Enkeltrickbetrug ist in Deutschland ein weitverbreitetes Problem, das jährlich zu finanziellen Schäden in Millionenhöhe führt. Besonders tragisch ist dabei, dass die Opfer zumeist hilflose und ältere Menschen sind, die gezielt von gut organisierten Betrügernetzwerken ins Visier genommen werden. Diese Netzwerke operieren oft aus dem Ausland, was die Strafverfolgung erheblich erschwert. Dennoch zeigen erfolgreiche Einsätze, dass internationale Zusammenarbeit ein effektives Mittel zur Bekämpfung dieser Kriminalität darstellt.

Aber der Enkeltrickbetrug ist eine der emotional belastendsten Betrugsmaschen, die insbesondere ältere Menschen trifft. Dabei stellen sich betroffene Opfer häufig die Frage: Warum haften Banken nicht, wenn unter ungewöhnlichen Umständen hohe Beträge ausgezahlt werden? Die rechtliche Klärung dieser Problematik erfolgt durch die Abwägung zwischen den vertraglichen Pflichten der Banken und der Eigenverantwortung der Kunden. Der rechtliche Rahmen setzt hier enge Grenzen.

Laut § 675o Abs. 2 BGB sind Banken verpflichtet, Zahlungsaufträge auszuführen, sofern diese formell korrekt sind. Die Bank hat grundsätzlich keine Verpflichtung, den Zweck oder die Beweggründe der Auszahlung zu hinterfragen. Es sei denn, es bestehen außergewöhnliche Verdachtsmomente, die eine weitergehende Prüfung rechtfertigen.

Beispiel: Der Fall Frau Müller

Frau Müller, 65 Jahre alt, wird telefonisch von einer Person kontaktiert, die sich als ihre Enkelin ausgibt. Diese schildert eine angeblich akute Notlage und bittet um die Zahlung einer Kaution von 25.000 Euro. Emotional aufgewühlt hebt Frau Müller den Betrag bei ihrer Bank ab. Die Bankmitarbeiter bemerken zwar ihre Nervosität, führen jedoch die Auszahlung ohne weitere Rückfragen durch. Später stellt sich heraus, dass Frau Müller Opfer eines Betrugs wurde.

In diesem Fall haftet die Bank nicht, da sie ihren gesetzlichen Pflichten nachgekommen ist und keine objektiven Hinweise auf einen Betrug vorlagen.

Ausnahme: Wann greift die Warnpflicht der Banken?

Nur in Ausnahmefällen können Banken haftbar gemacht werden. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.06.2004 (Az.: XI ZR 90/03) beschreibt drei Szenarien, in denen Banken verpflichtet sind, Rückfragen zu stellen:

  • Massive Verdachtsmomente: Wenn eindeutige Hinweise auf einen Betrug vorliegen.
  • Unklare Weisungen: Wenn der Auftrag des Kunden nicht eindeutig ist.
  • Missbrauch der Vertretungsmacht: Wenn Dritte offensichtlich unbefugt im Namen des Kunden handeln.

In der Praxis sind diese Voraussetzungen selten erfüllt. Ein Beispiel dafür ist das Urteil des Landgerichts Bonn (Az.: 2 O 112/24), das die Haftung der Bank im Fall eines Enkeltrickbetrugs verneinte, da keine klaren Verdachtsmomente bestanden.

Gesetzlicher Rahmen: Die Grenzen der Bankpflichten

Die Basis für die rechtlichen Pflichten von Banken bildet § 675o Abs. 2 BGB. Dieser Paragraf stellt sicher, dass der Zahlungsverkehr effizient und ohne unberechtigte Verzögerungen ablaufen kann. Banken müssen Zahlungsaufträge ihrer Kunden ausführen, sofern diese formell korrekt sind. Eine Haftung der Bank setzt jedoch voraus, dass massive Verdachtsmomente vorliegen, die einen Betrug erkennbar machen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH): XI ZR 90/03

Der BGH hat klargestellt, dass Banken nur dann Warn- oder Prüfpflichten haben, wenn sich der Betrug aus den äußeren Umständen evident ergibt. Ein auffälliges Verhalten des Kunden, wie Nervosität, reicht in der Regel nicht aus, um eine Prüfpflicht auszulösen.

Schutz und Hilfe für die Opfer? Prävention mit künstlicher Intelligenz, damit ältere Betroffene geschützt werden können, die KI-Oma Daisy im Kampf gegen Betrüger?

Ein bemerkenswerter Erfolg wurde durch einen internationalen Verbundeinsatz erzielt, der vom 25. November bis 6. Dezember 2024 koordiniert wurde. Unter der Leitung des Landeskriminalamts Berlin arbeiteten Polizeidienststellen aus 15 deutschen Bundesländern sowie aus Österreich, Luxemburg, Polen, Tschechien, Ungarn, der Schweiz und der Slowakei zusammen. Auch das Bundeskriminalamt und Europol waren aktiv eingebunden. Das Ergebnis war beeindruckend: Insgesamt konnten 391 Enkeltricktaten verhindert und ein Schaden von 4,85 Millionen Euro abgewendet werden. Weiterhin wurden 20 Personen auf frischer Tat festgenommen und drei Callcenter in Polen zerschlagen.

Doch eine bemerkenswerte Entwicklung bringt Hoffnung: die Künstliche Intelligenz „Daisy“, entwickelt von Virgin Media o2 in Zusammenarbeit mit dem bekannten Betrugsexperten und YouTuber Jim Browning. Diese innovative Technologie hat das Potenzial, den Kampf gegen Telefonbetrüger grundlegend zu verändern. Daisy wurde speziell darauf trainiert, als vermeintlich leichtgläubige ältere Dame aufzutreten, um Betrüger in Gespräche zu verwickeln und deren kostbare Zeit zu binden.

Mit verblüffender Authentizität agiert Daisy wie eine reale Rentnerin. Sie erzählt von ihrer Hauskatze, berichtet von ihren Hobbys oder gibt vermeintliche Bankdaten preis. Betrüger geraten dabei in eine Falle: Statt das erhoffte Geld zu erhalten, finden sie sich in langen, fruchtlosen Gesprächen wieder. Die KI kann solche Gespräche bis zu 40 Minuten in die Länge ziehen, eine enorme Zeitspanne, die verhindert, dass die Betrüger andere echte Opfer erreichen. Um Daisy gezielt ins Visier der Kriminellen zu bringen, platzieren die Entwickler gefälschte Telefonnummern in Datenbanken, die häufig von Betrügernetzwerken genutzt werden. So wird die KI aktiv angewählt, während potenzielle Opfer verschont bleiben. Diese strategische Täuschung mindert die Effektivität der Betrüger erheblich und könnte langfristig das Vertrauen in ihre eigenen Methoden untergraben.

Des Weiteren sollen Kunden im Falle von verdächtigen Anrufen diese direkt an die KI weiterleiten können.

Gesellschaftliche Wirkung und ethische Fragen

Die Einführung einer Technologie wie Daisy hat weitreichende gesellschaftliche Implikationen. Zum einen könnte sie die Zahl der Betrugsopfer signifikant reduzieren. Indem Betrüger durch Daisy in langwierige Gespräche verwickelt werden, bleibt weniger Zeit für Angriffe auf reale Opfer. Weiterhin sensibilisieren Berichte über Daisy die Öffentlichkeit und schaffen ein stärkeres Bewusstsein für die Gefahren des Telefonbetrugs. Menschen könnten dadurch wachsamer werden und weniger anfällig für die perfiden Taktiken der Kriminellen sein.

Doch die Innovation wirft auch ethische Fragen auf. Die bewusste Täuschung der Betrüger durch eine KI mag moralisch gerechtfertigt erscheinen, da sie das Ziel hat, Menschen zu schützen. Dennoch bleibt die Frage, wie weit der Einsatz solcher Technologien gehen darf und welche Grenzen eingehalten werden sollten. Kritiker könnten argumentieren, dass diese Art der Täuschung neue Herausforderungen schafft und die Betrüger dazu zwingt, ihre Methoden weiterzuentwickeln.

Obwohl Daisy bisher ausschließlich in Großbritannien zum Einsatz kommt, zeigt diese Technologie eindrucksvoll, welches Potenzial künstliche Intelligenz im Kampf gegen Betrug birgt. Eine Anpassung und Einführung im deutschsprachigen Raum könnte einen erheblichen Beitrag zur Prävention leisten und die Sicherheit vor Betrug auch hierzulande erhöhen.

Zu den Vorteilen der KI auf der einen Seite gehören natürlich auch die gravierenden Nachteile, welche auftreten können, wenn die KI aufseiten der Betrüger genutzt wird. 

Es ist zu befürchten, dass der Enkeltrickbetrug durch den Einsatz von generativen KI-Audiomodellen eine ganz neue Dimension erreichen wird. Diese Modelle sind in der Lage, menschliche Stimmen täuschend echt nachzuahmen. Zur Anlernung ist nur eine ganz kurze Audiosequenz eines real existierenden Enkels erforderlich. Der Angerufene hat dann keine Möglichkeit mehr, Betrüger anhand von Unterschieden in der Stimmlage zu identifizieren. 

Fazit: Klare Grenzen, aber gemeinsame Verantwortung

Die rechtliche Verantwortung von Banken bei Betrugsfällen ist durch § 675o BGB und die dazugehörige Rechtsprechung klar umrissen. Eine Haftung besteht nur in Ausnahmefällen, wenn massive Verdachtsmomente vorliegen. Dennoch bleibt es eine gesellschaftliche Aufgabe, durch innovative Technologien wie die KI-Oma-Daisy und internationale Zusammenarbeit die Zahl der Betrugsfälle zu reduzieren. Banken, Kunden und Gesellschaft müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen, um Betrug effektiv zu bekämpfen.

Autor: Mgr. Valentin Schulte, Volkswirt B.Sc., stud. jur, 

Kontakt:

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
12277 Berlin

Telefon: +49 30 221922020
E-Mail: law@meet-an-expert.com

Die Kanzlei Dr. Schulte, Rechtsanwalt, ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergänzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de.

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ABOWI UAB
Maximilian Bausch
Naugarduko g. 3-401
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Internet: www.abowi.com

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