Versprochen, vergessen, verloren? Wenn LV-Rückabwicklung zum Stillstand kommt - SE Finanzierung

Versprochen, vergessen, verloren? Wenn Lebensversicherung Rückabwicklung zum Stillstand kommt

Lebensversicherung rückabgewickelt – Vertrauen verspielt? Der Fall Jörn Diercks und die Fragen von Tausenden Versicherten

Verbraucher verlieren das Vertrauen: Stillstand bei 2.600 Rückabwicklungen von Lebensversicherungen? Juristisch brisant, menschlich tragisch? Meinungsbeitrag von Stefan Elstermann.

Ein Versprechen auf Rückerstattung – und das große Schweigen

Als jemand, der sich seit Jahren intensiv mit Finanzprodukten und ihrer rechtlichen Bewertung beschäftigt, verfolgt die Branche die Entwicklung rund um die Rückabwicklung von Lebensversicherungen mit besonderem Interesse. Die Möglichkeit, falsch beratene oder intransparente Altverträge rückabzuwickeln, war für viele Verbraucher ein Hoffnungsschimmer – endlich Gerechtigkeit nach Jahren des Stillstands. Darin sehen viele Betroffene eine wichtige Korrektur im Finanzsystem. Einer der Anwälte, der sich früh auf diese Fälle spezialisierte, war Jörn Diercks aus Seeburg. Doch was nun aufkommt, sorgt für Verunsicherung: Immer mehr Verbraucher stellen sich die Frage, ob ihre Rückabwicklung je professionell betreut wurde – und was aus ihren Unterlagen geworden ist. Beobachter und Finanzexperten fragen sich ebenfalls: Wo bleibt der versprochene Rechtsfrieden für die Betroffenen?

Der große Stillstand: 2.600 Mandate, kaum Ergebnisse

Im Zentrum der Kritik steht ein Vorgang, der in seiner Dimension kaum fassbar ist: Ende 2022 wurden Jörn Diercks rund 2.600 Lebensversicherungsrückabwicklungen übergeben. Er soll über eine Million Euro Vorschuss erhalten haben – nicht für sich persönlich, sondern zur Mandatsbearbeitung. Zusätzlich floss Geld von Rechtsschutzversicherungen. Doch: Viele Betroffene sehen keine Fortschritte. Sie sprechen von ausbleibender Kommunikation, fehlenden außergerichtlichen Einigungen und einer wachsenden Sorge vor der Verjährung ihrer Ansprüche.

Fragen, die betroffene Mandanten bewegen:

Wurde mein Fall überhaupt geprüft?
Warum antwortet niemand mehr auf meine Anfragen?
Ist mein Anspruch bereits verjährt?
Was geschah mit den gezahlten Vorschüssen?
Wer übernimmt jetzt Verantwortung?

Ein Anwalt in Erklärungsnot und unter Beschuss – ein Berufsstand in der Krise – und das Vertrauen der Mandanten als Pfand

Für viele der betroffenen Mandanten fühlt sich die aktuelle Situation wie ein Verrat an. Sie haben nicht nur ihre sensibelsten Finanzunterlagen und ihre Hoffnungen auf wirtschaftliche Gerechtigkeit in die Hände eines Anwalts gelegt – sie haben einem Berufsträger ihr Vertrauen geschenkt, der nach dem Gesetz zur unabhängigen, verschwiegenen und pflichtbewussten Vertretung ihrer Interessen verpflichtet ist. Doch was sie nun erleben, steht im Widerspruch zu allem, was man von einem Rechtsanwalt erwarten darf – und erwarten muss.

Rechtsanwalt Jörn Diercks, einst als Hoffnungsträger für tausende Rückabwicklungsfälle von Lebensversicherungen gehandelt, gerät zunehmend in juristische wie moralische Erklärungsnot. Es wird von monatelanger Funkstille berichtet, unbeantworteten Nachfragen, nicht erklärten Geldflüssen und – besonders schwerwiegend – einem völligen Stillstand in der Bearbeitung der Ansprüche. Die Vorwürfe wiegen schwer: Statt konsequenter Rechtsvertretung scheint es, als habe sich der Fokus des Anwalts auf finanzielle Interessen verlagert – allen voran auf die Frage, „wie viel Geld“ für das Mandat im Voraus zu bekommen sei.

Dabei verpflichtet das anwaltliche Berufsrecht zur Interessenvertretung mit vollem Einsatz – unabhängig von Erfolgsaussichten, finanzieller Lage oder Mandantenstruktur. Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sowie die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) lassen hier keinen Interpretationsspielraum: Wer ein Mandat übernimmt, muss es mit der nötigen Fachkunde und in zumutbarer Frist bearbeiten. Wer dies unterlässt – oder, noch schlimmer, finanzielle Vorteile bezieht, ohne die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen –, bewegt sich nicht nur im Grenzbereich anwaltlicher Pflichtverletzung, sondern riskiert den gesamten Ruf eines jahrhundertealten Berufsstandes.

Dass sich Diercks’ Kanzlei im Jahr 2024 zunehmend auflöste – Mitarbeitende verließen die Kanzlei, Gerichtsrechnungen blieben angeblich unbezahlt –, ist mehr als ein Alarmzeichen. Es ist ein Symptom für einen offenbar entgleisten Kurs. Besonders erschütternd wirkt dabei die Behauptung, interne Schreiben würden belegen, dass Diercks versucht habe, seine Mandate „weiterzureichen“ – nicht als juristisch durchdachten Kanzleiwechsel, sondern als finanziell motivierten Mandantenhandel. Juristisch und ethisch ein gefährlicher Tabubruch.

Noch irritierender für viele: Als ein unabhängiger Mediator das Gespräch suchte, um im Sinne der geschädigten Mandanten zu vermitteln, soll Diercks lediglich geantwortet haben, jemand müsse ihm das geforderte Geld zahlen – „egal wer“. Diese Worte, wenn sie denn so gefallen sind, verletzen nicht nur die Würde der Mandanten, sondern auch das Selbstverständnis der Anwaltschaft als Organe der Rechtspflege. Die Idee, ein Mandat könne nur bei fortlaufender Bezahlung weitergeführt oder gar verkauft werden, widerspricht dem Geist des Berufsrechts ebenso wie der Verantwortung gegenüber hilfesuchenden Menschen.

Gerade in einem sensiblen Bereich wie der Rückabwicklung von Lebensversicherungen, bei dem für viele Verbraucher die gesamte Altersvorsorge auf dem Spiel steht, kommt es auf Integrität, Transparenz und Verlässlichkeit an. Wenn sich Betroffene nun mit dem Gefühl alleingelassen sehen, dass sie lediglich als Aktenzeichen behandelt wurden – und das von jemandem, der eigentlich an ihrer Seite kämpfen sollte –, dann steht mehr auf dem Spiel als verlorene Fristen oder unzureichende Kommunikation. Es steht die Ehre eines Berufsstandes zur Disposition.

Denn dort, wo Anwälte versagen, zerfällt für viele Menschen auch der Glaube an den Rechtsstaat. Und gerade deshalb wiegen die Vorwürfe im Fall Diercks so schwer – nicht nur für ihn, sondern für eine gesamte Zunft, die sich auf das Vertrauen der Schwachen beruft, wenn sie ihre Stimme vor Gericht erhebt.

Verwirkung oder Vertrauensbruch?  Wenn juristische Argumente zur Schutzbehauptung werden

Wie bekannt wurde, beruft sich Rechtsanwalt Jörn Diercks auf eine Reihe juristischer Einwände, die auf den ersten Blick plausibel erscheinen mögen: Viele Verträge seien unsortiert oder rechtlich nicht rückabwickelbar gewesen, etwa wegen Verwirkung, mangelnder Gutachten oder aufgrund der konkreten Struktur einzelner Versicherungsprodukte. Doch dieser argumentativen Verteidigung setzen spezialisierte Fachanwälte für Versicherungsrecht mit Nachdruck eine fundierte Gegensicht entgegen – und entlarven damit ein gefährliches juristisches Ungleichgewicht zwischen Mandantenanspruch und anwaltlicher Einlassung.

Was bedeutet „Verwirkung“ überhaupt – und warum greift sie hier nicht?

Verwirkung ist ein Rechtsinstitut, das verhindern soll, dass ein Anspruch nach längerer Untätigkeit und unter Aufbau eines gegenteiligen Vertrauens des Gegners plötzlich geltend gemacht wird (§ 242 BGB – Treu und Glauben). Doch in der Realität vieler Lebensversicherungs-Rückabwicklungen fehlt es genau an dieser Voraussetzung: Die Versicherer haben jahrelang strukturelle Nachteile bewusst verschleiert – etwa durch intransparente Prämienkalkulationen, überhöhte Rückstellungen oder fehlende Hinweise auf Verluste bei Kündigung. Für viele Betroffene wurde erst im Moment der Vertragsbeendigung sichtbar, wie massiv ihre Altersvorsorge tatsächlich geschmälert worden war.

Verwirkung setzt die Möglichkeit zur rechtzeitigen Erkenntnis voraus. Diese war in vielen Fällen gerade nicht gegeben – weil den Versicherungsnehmern die entscheidenden Informationen systematisch vorenthalten wurden.

Ein Vertrauen der Gegenseite, also der Versicherungsgesellschaft, darauf, dass keine Rückabwicklung mehr erfolgen würde, konnte sich nicht rechtmäßig bilden, wenn sie selbst durch intransparente Verträge und inaktive Aufklärung ihre eigene Haftung verschleierte.

Daher ist der Verwirkungseinwand in diesen Fällen nach Auffassung mehrerer Juristen schlicht unzutreffend – und lenkt vom eigentlichen Problem ab: dem strukturellen Ungleichgewicht zwischen professionell agierenden Versicherungskonzernen und juristisch unerfahrenen Verbrauchern.

Die Rückabwicklung ist mehr als eine Frage der Widerspruchsbelehrung

Ein weiterer zentraler Punkt, auf den Diercks sich beruft, betrifft die juristische Begründung der Rückabwicklungen. Diese seien seiner Meinung nach vielfach zu einseitig auf fehlerhafte Widerspruchs- oder Widerrufsbelehrungen gestützt worden. Doch auch hier widersprechen erfahrene Juristen mit Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung:

Die Rückabwicklung kann auch auf systemische Mängel gestützt werden, etwa auf versteckte Kostenstrukturen, überhöhte Risikozuschläge oder unzulässige Sterbetafeln, wie sie von der Deutschen Aktuarvereinigung verwendet wurden.

Diese systemischen Schwächen betreffen die vertragliche Gestaltung selbst – also das Fundament des Vertrages – und sind nicht abhängig von bloßen Formfehlern bei der Belehrung.

Gerichte wie das OLG Stuttgart, das OLG Köln und der BGH haben in den vergangenen Jahren mehrfach betont, dass solche strukturellen Vertragsmängel ebenfalls Rückabwicklungsansprüche begründen können – insbesondere, wenn sie zu einem wirtschaftlichen Nachteil für den Versicherungsnehmer geführt haben, der ihm beim Abschluss oder während der Vertragslaufzeit nicht offengelegt wurde.

Wenn Anwälte Schutzbehauptungen übernehmen – und das Vertrauen verspielen

Besonders bitter für die Betroffenen ist: Statt sich dieser starken juristischen Argumente im Sinne ihrer Rechte anzunehmen, scheinen sie von einem Anwalt vertreten worden zu sein, der ausgerechnet die Gegenposition übernimmt – und dabei Begriffe wie „Verwirkung“ oder „Treu und Glauben“ auf eine Weise nutzt, wie es sonst die Versicherungskonzerne tun, gegen die er eigentlich kämpfen sollte. Damit entsteht ein asymmetrisches Machtverhältnis, in dem sich der Mandant zwischen zwei professionellen Akteuren – seinem Anwalt und dem Versicherer – nicht mehr als Klient, sondern als lästige Störung fühlt.

Dabei verlangt das anwaltliche Berufsbild, sich mit aller Kraft für die Durchsetzung der berechtigten Interessen des Mandanten einzusetzen. Die einseitige Berufung auf mögliche Hindernisse – ohne erkennbare Strategie zur Umgehung oder rechtlichen Ausgestaltung – ist daher nicht Ausdruck juristischer Sorgfalt, sondern vielmehr ein fatales Eingeständnis des eigenen Rückzugs.

Zahlen, die für sich sprechen:

Wenn bei der Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen methodisch sauber und juristisch korrekt vorgegangen wird, sind die Ergebnisse für die Versicherten oftmals überraschend positiv: In vielen Fällen konnten außergerichtlich Rückzahlungen erzielt werden, die bis zu 70 Prozent über dem ursprünglich ausgezahlten Rückkaufswert lagen. Das zeigt, welches wirtschaftliche Potenzial in diesem Bereich steckt – gerade in Deutschland, wo laut Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) über 80 Millionen Lebens- und Rentenversicherungsverträge bestehen. Fachanwälte bestätigen, dass die Chancen auf eine erfolgreiche außergerichtliche Einigung hoch sind, wenn die Forderung gut begründet und strukturiert vorgetragen wird. Sie berichten von Erfolgsquoten von über 60 Prozent bei professionell aufbereiteten Rückabwicklungsfällen. Für viele Verbraucher kann eine solche Rückabwicklung also nicht nur rechtlich möglich, sondern auch finanziell sehr lohnend sein.

Verantwortung statt Verschleierung?

Transparenz gehört zum Kernverständnis des anwaltlichen Berufsbildes – nicht nur als ethische Haltung, sondern auch als Ausdruck rechtsstaatlicher Verantwortung. Wer als Rechtsanwalt das Vertrauen von Mandanten in Anspruch nimmt, muss nicht nur fachlich fundiert arbeiten, sondern auch offen und nachvollziehbar kommunizieren. Es reicht nicht aus, sich auf Verschwiegenheitspflichten zu berufen, wenn Mandanten berechtigte Fragen zu ihrem Verfahren stellen oder den Fortschritt ihrer Angelegenheit nicht mehr nachvollziehen können. Gerade in sensiblen Mandatsverhältnissen ist es die Pflicht des Anwalts, Verantwortung zu übernehmen und Rechenschaft über das eigene Handeln abzulegen – auch ohne Verstoß gegen berufsrechtliche Schweigepflichten. Wer stattdessen ausweichend antwortet, Schuld auf Dritte abwälzt oder sich der Kommunikation entzieht, riskiert nicht nur das Vertrauen seiner Mandanten, sondern gefährdet auch das Ansehen eines ganzen Berufsstandes, der vom Prinzip der Offenheit und der Loyalität lebt. Transparenz ist kein Luxus, sondern Ausdruck der rechtlichen Kultur – und damit unverzichtbar.

Fazit: Vertrauen ist kein Freifahrtschein – Verantwortung ist keine Option, sondern Pflicht, kein Raum für Schutzbehauptungen – das Recht auf Rückabwicklung lebt

Was bleibt, ist ein bitterer Beigeschmack – und die Erkenntnis, dass selbst dort, wo rechtlich längst zugunsten der Verbraucher entschieden wurde, noch lange nicht automatisch Gerechtigkeit eintritt. Die Rückabwicklung von Lebensversicherungen war und ist eine große Chance, wirtschaftliche Fehlentscheidungen zu korrigieren. Doch diese Chance darf nicht durch mangelnde anwaltliche Transparenz, Kommunikation oder fehlende Nachverfolgung verspielt werden.

Aus meiner Sicht als Finanzierungsberater zeigt der Fall Jörn Diercks exemplarisch, wie wichtig es ist, bei sensiblen Finanz- und Rechtsfragen nicht nur auf Schlagworte oder Versprechen zu vertrauen, sondern auf echtes Verantwortungsbewusstsein. Verbraucher brauchen nicht nur Gesetze – sie brauchen Partner, die bereit sind, diese auch durchzusetzen. Und sie brauchen Klarheit darüber, was mit ihren Anliegen geschieht.

Für alle, die betroffen sind, heißt das: Jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken. Nachfragen. Dranbleiben. Und sich gegebenenfalls neu beraten lassen. Denn eines hat dieser Fall auch gezeigt: Vertrauen ist gut – Kontrolle bleibt unverzichtbar.

Autor: Stefan Elstermann

Über den Autor:
Stefan Elstermann ist Finanzierungsberater und Unternehmer mit einem ausgeprägten Interesse an wirtschaftlichen und finanzpolitischen Entwicklungen. Nach einer Bankausbildung und einem BWL-Studium mit Schwerpunkt International Management gründete er das Unternehmen SE Finanzierung in Frankfurt am Main. Dort begleitet er Kunden bei komplexen Finanzierungsfragen und engagiert sich für zukunftsorientierte Projekte. Weitere Informationen unter: se-finanzierung.com

Kontakt:

SE Finanzierung, Hahnstraße 68-70, 60528 Frankfurt am Main
Web: https://se-finanzierung.com
Tel.: 0049 69 247 451544
E-Mail: stefan@se-finanzierung.com

Share:

Facebook
Twitter
Pinterest
LinkedIn