Kauf eines Fahrzeugs aus dem Ausland – Was ist zu beachten?

Der Kauf eines Fahrzeugs, das aus dem Ausland stammt, bietet oft erhebliche Preisvorteile. Dennoch birgt er rechtliche und praktische Herausforderungen, die bei der Planung und Abwicklung sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Hier werden die wesentlichen Aspekte erörtert, die beim Import eines Fahrzeugs beachtet werden sollten.

Unterscheidung zwischen EU-Neufahrzeug, EU-Import und Re-Import

Die Begriffe „EU-Neufahrzeug“, „EU-Import“ und „Re-Import“ sind entscheidend, um den rechtlichen Status und die Herkunft eines Fahrzeugs zu bestimmen. Laut einem Kodex für den Fahrzeughandel bedeutet „EU-Import“ oder „Re-Import“, dass das Fahrzeug ursprünglich nicht für den deutschen Markt bestimmt war und aus einem anderen EU-Staat eingeführt wurde. Ein Beispiel für einen echten Re-Import ist ein in Deutschland produzierter Ford Focus, der aus Österreich wieder nach Deutschland importiert wird. Dabei ist es für den Kunden oft schwierig, die Unterschiede zwischen einem EU-Import und einem regulär in Deutschland zugelassenen Fahrzeug auf den ersten Blick zu erkennen.

Ein EU-Neufahrzeug ist ein Fahrzeug, das aus einem anderen EU-Staat stammt, jedoch unbenutzt ist und den Status eines Neuwagens hat. Hingegen beschreibt der Begriff Re-Import ein Fahrzeug, das in Deutschland produziert und exportiert und danach wieder in den deutschen Markt eingeführt wurde. Diese feinen Unterschiede können erhebliche Auswirkungen auf Garantiebedingungen, den Wiederverkaufswert und die Zulassungsanforderungen haben.

Irreführungsverbot und Aufklärungspflichten

Händler müssen gemäß § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sicherstellen, dass Verbraucher nicht über wesentliche Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht werden. Dazu gehören unter anderem die Standzeit, der Produktionsort und die Ausstattung. Beispielsweise stellte das OLG Karlsruhe am 12.11.2021 (10 U 11/21) klar, dass eine unaufgeforderte Aufklärung über die Re-Import-Eigenschaft nur erforderlich ist, wenn dies den Marktwert des Fahrzeugs erheblich beeinflusst. Diese Rechtsprechung macht deutlich, dass der Schutz der Verbraucher im Zentrum steht.

Die Pflichten gehen jedoch über die bloße Vermeidung von Irreführung hinaus. Der Händler muss auch die individuelle Situation des Käufers beachten. Wenn beispielsweise ein Fahrzeug eine reduzierte Herstellergarantie aufgrund einer Erstzulassung im Ausland hat, muss dies dem Käufer klar und deutlich mitgeteilt werden. Fehlt diese Information, kann der Käufer Ansprüche aus § 434 BGB (Sachmangelhaftung) geltend machen. Auch hier zeigt sich die Schnittstelle zwischen Wettbewerbsrecht und Kaufrecht, die Händler besonders sorgfältig beachten müssen.

Herstellergarantie und Standzeit

Ein zentraler Aspekt beim Kauf eines importierten Fahrzeugs ist die Herstellergarantie. Diese beginnt oft mit der Erstzulassung im Ausland zu laufen. Wenn ein Fahrzeug bereits eine „Tageszulassung“ im Ausland hatte, kann die Garantiezeit erheblich verkürzt sein. Nach der Rechtsprechung des BGH (15.07.1999, VIII ZR 227/02) muss der Verkäufer darauf hinweisen, wenn die Garantiezeit zum Zeitpunkt der Werbung um mehr als zwei Wochen reduziert ist. Es stellt sich dabei die Frage, ob und in welchem Umfang diese Verkürzung die Gebrauchstauglichkeit oder den Wert des Fahrzeugs beeinflusst.

Neben der Garantiezeit spielt auch die Standzeit des Fahrzeugs eine bedeutende Rolle. Fahrzeuge, die längere Zeit ungenutzt auf Lager stehen, können Wertverluste erleiden. In der Regel sollte die Standzeit bei einem Neufahrzeug nicht mehr als 12 Monate betragen, da ansonsten Zweifel an der Fabrikneuheit entstehen. Gerichte wie das OLG Düsseldorf (Urt. v. 24.10.2005, I-1 U 84/05) haben klargestellt, dass auch bei EU-Importen die Einhaltung dieser Grenze erwartet werden darf.

Zulassungs- und Steuerfragen

Ein Fahrzeug, das aus dem Ausland stammt, muss in Deutschland neu zugelassen werden. Dabei sind die technischen Daten und die EU-Übereinstimmungsbescheinigung (Certificate of Conformity, COC) entscheidend. Diese Bescheinigung stellt sicher, dass das Fahrzeug den deutschen Standards entspricht. Wenn das Fahrzeug nicht den Standards entspricht, können zusätzliche technische Änderungen oder Prüfungen erforderlich sein. Dies betrifft insbesondere Fahrzeuge, die aus Nicht-EU-Ländern stammen.

Die Zulassungsanforderungen können je nach Fahrzeugtyp und Herkunftsland variieren. So kann es notwendig sein, bestimmte Umrüstungen vorzunehmen, um beispielsweise die Abgasnormen oder Sicherheitsstandards zu erfüllen. Zusätzlich sollten Käufer beachten, dass bei Fahrzeugen aus Drittstaaten Einfuhrumsatzsteuer und Zollgebühren anfallen können. Innerhalb der EU entfallen diese Kosten jedoch aufgrund der Zollfreiheit im Binnenmarkt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Anmeldung des Fahrzeugs bei der deutschen Zulassungsstelle. Hierfür benötigen Käufer den Kaufvertrag, die COC-Bescheinigung, eine Übersetzung der ausländischen Fahrzeugpapiere (falls notwendig) und eine gültige Hauptuntersuchung. Es empfiehlt sich, alle Unterlagen vorab prüfen zu lassen, um Verzögerungen zu vermeiden.

Ausstattungsunterschiede und Wertminderung

Ein weiteres Problem sind Ausstattungsunterschiede zwischen importierten Fahrzeugen und solchen, die für den deutschen Markt vorgesehen sind. Laut dem BGH (Urt. v. 19.08.1999, EG-Neuwagen II) ist es nicht automatisch irreführend, wenn ein Fahrzeug mit geringerer Ausstattung als „Neuwagen“ beworben wird, solange der Kunde darüber nicht getäuscht wird. Dennoch können solche Unterschiede den Wiederverkaufswert und die Attraktivität des Fahrzeugs mindern.

Typische Beispiele für Ausstattungsunterschiede sind fehlende Sicherheits- oder Komfortmerkmale wie Airbags, Navigationssysteme oder Assistenzsysteme. Gerade bei Fahrzeugen, die in Ländern mit niedrigeren gesetzlichen Standards produziert wurden, ist dies ein häufiges Problem. Kunden sollten daher die Ausstattung vor dem Kauf sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Anpassungen oder Nachrüstungen einplanen.

Beispiel

Herr Müller entscheidet sich, einen Gebrauchtwagen aus Italien zu importieren, da dieser erheblich günstiger ist als vergleichbare Modelle in Deutschland. Der Wagen, ein VW Golf, hatte eine Tageszulassung in Italien, wodurch die Herstellergarantie um sechs Monate verkürzt wurde. Herr Müller prüft die Fahrzeugdokumente und stellt sicher, dass alle notwendigen Papiere, wie die COC-Bescheinigung und das italienische Fahrzeugbriefäquivalent, vorhanden sind. Nachdem das Fahrzeug in Deutschland angekommen ist, organisiert er die Hauptuntersuchung (HU) und die Abgasuntersuchung (AU), um die Zulassung zu erlangen. Bei der Zulassung wird ihm jedoch mitgeteilt, dass eine technische Anpassung erforderlich ist, da die Abgasnormen in Italien weniger streng sind. Diese Kosten hatte Herr Müller nicht einkalkuliert.

Ein weiteres Beispiel zeigt die Bedeutung der Aufklärungspflicht: Frau Schmidt erwirbt ein Fahrzeug aus Polen, das als „neu“ beworben wurde. Nachträglich stellt sie fest, dass das Fahrzeug länger als 18 Monate stand und dadurch als nicht fabrikneu gilt. Sie macht daraufhin Ansprüche geltend und erhält eine teilweise Kaufpreisminderung.

Praktische Hinweise, die beim Autokauf zu beachten sind:

  1. Prüfung der Fahrzeughistorie: Es ist essentiell, die Fahrzeughistorie zu kennen. Dazu gehören Erstzulassung, Anzahl der Vorbesitzer und Wartungshistorie. Käufer sollten sich nicht allein auf die Angaben des Verkäufers verlassen, sondern unabhängige Nachweise einholen.
  2. Aufklärung durch den Verkäufer: Der Verkäufer muss gemäß § 434 BGB über alle wesentlichen Eigenschaften des Fahrzeugs informieren, insbesondere über Verkürzungen der Herstellergarantie und Standzeit. Fehlt diese Information, kann dies als Sachmangel gelten.
  3. Prüfung der Dokumente: Sicherstellen, dass alle notwendigen Unterlagen, wie die COC-Bescheinigung, vorhanden sind. Fehlende Dokumente können die Zulassung erheblich verzögern und zusätzliche Kosten verursachen.
  4. Steuern und Zoll: Bei Fahrzeugen aus Nicht-EU-Ländern fallen ggf. Zollgebühren und die Einfuhrumsatzsteuer an. Innerhalb der EU sind diese in der Regel nicht relevant. Dennoch sollten Käufer sicherstellen, dass alle Steuern ordnungsgemäß abgeführt wurden.
  5. Technische Anpassungen: Fahrzeuge, die nicht für den deutschen Markt produziert wurden, müssen gegebenenfalls angepasst werden, um die deutschen Zulassungsstandards zu erfüllen. Dies betrifft oft Abgasnormen, Beleuchtung und Sicherheitsausstattung.

Die Rechtsprechung hebt hervor, dass Verbraucher besonders geschützt werden müssen, wenn Fahrzeuge importiert oder re-importiert werden. Dies betrifft vornehmlich die Informationspflichten der Verkäufer und die Garantiebedingungen. Unterschiede in der Ausstattung oder Standzeiten müssen offen kommuniziert werden, um Irreführungen zu vermeiden. Die rechtliche Grundlage bildet hier vor allem das BGB (§§ 434, 437 BGB) sowie das UWG in Verbindung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BGH.

Autor: Mgr. Valentin Schulte, Volkswirt B.Sc., stud. jur, 

Kontakt:

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