Der Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs zwischen Unternehmern, also im sogenannten B2B-Verkehr, unterliegt spezifischen rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese unterscheiden sich grundlegend von den Vorschriften, die beim Verkauf an Verbraucher gelten. In solchen Geschäften spielt die Vertragsfreiheit eine herausragende Rolle, gleichzeitig müssen jedoch zwingende gesetzliche Vorschriften sowie einschlägige Rechtsprechung beachtet werden.
Anwendbares Recht und vertragliche Regelungen
Im unternehmerischen Verkehr können die Vertragsparteien weitgehend frei über den Inhalt ihrer Vereinbarungen entscheiden. Das betrifft insbesondere die Sachmängelhaftung. Anders als im Verbrauchsgüterkauf kann diese im B2B-Bereich vollständig ausgeschlossen werden (§ 444 BGB). Die Praxis zeigt, dass solche Ausschlüsse oftmals in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt sind. Hierbei sind jedoch die Schranken der § 305ff. BGB zu beachten, insbesondere dürfen solche Klauseln nicht überraschend oder unangemessen benachteiligend sein (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 02.04.2009 – 28 U 107/08).
Ein besonderer Punkt ist die Einbeziehung von AGB. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19.09.2007 – VIII ZR 141/06) ist für die wirksame Einbeziehung entscheidend, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hat, von den AGB Kenntnis zu nehmen. Im digitalen Zeitalter erfolgt dies häufig durch sogenannte „Click-Wrapping“-Verfahren, deren Wirksamkeit der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 05.07.2015 – NJW 2015, 2171) grundsätzlich bestätigt hat.
Sachmängel und ihre Behandlung
Beim Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs steht die Frage nach Sachmängeln im Mittelpunkt. Gemäß § 434 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die Ist-Beschaffenheit des Fahrzeugs von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist der Zustand maßgeblich, der bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich ist. Eine wirksame Freizeichnung von Sachmängelansprüchen ist nach § 444 BGB ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Verschleierung eines früheren Unfallschadens, was gemäß BGH-Urteil vom 12.03.2008 (VIII ZR 253/05) auch bei grober Fahrlässigkeit des Verkäufers anzunehmen ist.
Dabei spielt auch die Beweislast eine entscheidende Rolle. Der Käufer muss darlegen und beweisen, dass der Mangel bereits beim Gefahrenübergang vorlag. Sollte dies gelingen, liegt es am Verkäufer nachzuweisen, dass er den Mangel weder kannte noch kennen musste. Dies ist insbesondere bei versteckten Mängeln relevant, die nicht ohne Weiteres zu erkennen sind.
Beispiel aus der Praxis
Ein Autohändler A verkauft einen gebrauchten Lkw an den Logistikunternehmer B. Der Vertrag wird unter Verwendung von AGB geschlossen, die einen vollständigen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthalten. Nach Übergabe stellt B fest, dass der Lkw erhebliche Korrosionsschäden aufweist, die im Kaufvertrag nicht erwähnt wurden. B verlangt Nachbesserung, die A mit Verweis auf den Haftungsausschluss ablehnt.
Hier greift jedoch § 444 BGB: Sollte A von den Korrosionsschäden gewusst und diese arglistig verschwiegen haben, wäre der Haftungsausschluss unwirksam. Auch eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung, wonach der Lkw „mängelfrei“ sei, könnte den Ausschluss gemäß § 305b BGB neutralisieren (BGH, Urteil vom 19.06.2013 – VIII ZR 183/12).
Ein weiterer denkbarer Fall wäre der Verkauf eines Fahrzeugs mit manipulierter Kilometerleistung. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Sachmangel, dessen Arglist eine zentrale Rolle spielt. Der Verkäufer kann sich nicht darauf berufen, von der Manipulation keine Kenntnis gehabt zu haben, wenn Hinweise auf diese offensichtlich waren oder entsprechende Ermittlungen unterlassen wurden.
Gerichtsstand und internationales Recht
Besonders im grenzüberschreitenden Handel ist die Wahl des Gerichtsstands und des anwendbaren Rechts von Bedeutung. Ohne abweichende Vereinbarung unterliegt der Vertrag dem Recht des Sitzes des Verkäufers. Bei internationalen Verträgen greift hingegen oft das UN-Kaufrecht (CISG), sofern es nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde (Art. 1 CISG). Der Gerichtsstand wird häufig in AGB oder durch individuelle Abreden geregelt. Click-Wrapping-Mechanismen zur Einbeziehung solcher Klauseln wurden in der deutschen und europäischen Rechtsprechung mehrfach bestätigt (vgl. EuGH NJW 2015, 2171).
Eine weitere wichtige Norm des CISG ist Art. 30, der die Übergabe der Ware und aller dazugehörigen Dokumente vorschreibt. Im internationalen Fahrzeughandel umfasst dies häufig die Zulassungsbescheinigung Teil II sowie die EU-Übereinstimmungsbescheinigung (CoC). Werden diese Dokumente nicht übergeben, können daraus erhebliche Probleme für den Käufer entstehen, insbesondere bei der Zulassung des Fahrzeugs im Zielland.
Zusammenfassung und Schadensersatz
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Schadensersatzforderung bei Nichtabnahme des Fahrzeugs. Gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB kann der Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Branchenüblich ist hier eine Pauschale von 10 %, die rechtlich nicht zu beanstanden ist (BGH, Urteil vom 19.06.2013 – VIII ZR 183/12).
Im Falle einer berechtigten Nichtabnahme des Fahrzeugs durch den Käufer, etwa wegen eines erheblichen Mangels, besteht jedoch auch ein Anspruch des Käufers auf Erstattung bereits geleisteter Zahlungen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden und transparenten Vertragsgestaltung.
Autor: Mgr. Valentin Schulte, Volkswirt B.Sc., stud. jur,
Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
12277 Berlin
Telefon: +49 30 221922020
E-Mail: law@meet-an-expert.com
Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin und leitender Vertrauensanwalt des Netzwerks ABOWI Law, unterstützt Sie bei rechtlichen Fragen und Problemen im Bereich digitaler Kommunikation, Vertragsrecht und moderner Missverständnisse. Insbesondere helfen wir bei der rechtlichen Einordnung von WhatsApp-Nachrichten, Emojis und deren Bedeutung in Vertragsverhandlungen. Vertrauen Sie auf unsere langjährige Erfahrung, um rechtssichere Lösungen zu finden und Ihre Interessen zu wahren.